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Plädoyer für Genießer

Wir alle haben-, was unsere Gesundheit betrifft, ein perfektes Ampelsystem im Körper. Bei Grün sind wir unbekümmert, bei Gelb sind wir das immer noch, versuchen aber, uns ein wenig einzuschränken. Erst wenn die rote Warnlampe blinkt, lassen wir die Finger von allem, was uns schaden könnte, weil wir um unsere Gesundheit fürchten. Mag sein, dass manche Menschen im Laufe ihres Lebens farbenblind geworden sind und statt rot immer noch gelb sehen. Man will ja kein Weichei sein.

Andererseits kann es Genussmenschen auf Dauer zermürben, dass die Vitamine im Salat sind und nicht in der Schokolade, -dass man mit Spargel, Fisch und klaren Gemüsesuppen eher abnimmt als mit einem durchzogenen Schweinsbraten mit Kruste und Knödel.

Aber auch Antialkoholiker, Nichtraucher und Veganer sind vor gesundheitlichen Katastrophen nicht gefeit. Sie versuchen mit ihrer Lebensweise zwar, das Risiko zu mindern, könnten aber auch Pech haben. Asketen mögen ihre eigene Art von Glück empfinden, kleine und mittelgroße Sünder aber haben sicher mehr vom Leben, solange sie ihre Laster einigermaßen unter Kontrolle haben.

Menschen, die mitdenken, lehnen sich gegen Gen-manipulierte Lebensmittel auf, essen lieber Naturbelassenes und bevorzugen aus guten Gründen Fleisch aus artgerechter Tierhaltung. Schließlich haben wir genug damit zu tun, mit den erlaubten-, unvermeidbaren- und manchmal auch medizinisch notwendigen Chemikalien und Giften klarzukommen. Wir sind besorgt um unsere Umwelt, haben gelernt, Müll zu trennen, und können den Schadstoffen aus der Luft doch nicht entgehen, weil sie unsichtbar sind und wir uns nicht in eine sterile Quarantäne begeben möchten. 

Wir versuchen, eine bessere Zukunft zu gestalten, indem wir hart arbeiten, uns den Herausforderungen stellen und auf vieles verzichten, was uns Freude bereiten würde. Letzteres aber kann uns zermürben und zu Depressionen führen.

Was aber, wenn wir uns vorstellen, daß uns eines Tages plötzlich der berühmte Ziegel auf den Kopf fällt? 

Dann stellt sich die Frage, ob wir nicht lieber heute als morgen Spaß am Leben haben sollten. Lebensfreude ist keine Frage von Reichtum, wie das immer noch viele behaupten. Einmal ausatmen, sich Zeit nehmen für Freunde, einen Theaterbesuch oder ein opulentes  Abendessen. Die Reise endlich buchen, von der man immer geträumt hat, auf einer Beautyfarm relaxen oder sich einmal so richtig gehen lassen. Wir sollten wieder lernen, Feste zu feiern, wie sie fallen, den Reizen öfter nachzugeben, die sich uns in großer Vielfalt bieten. 

Besser heute das Leben genießen, denn später ist es vielleicht nicht mehr möglich!

Im Moment verwöhne ich mich mit starkem Kaffee,  südsteirischem Wein und ungesunden Zigaretten. Dabei lege ich die Beine hoch, höre supergeile Musik von Zucchero und denke an unkeusche Sachen.

Eure Steffi Werger